11.06.2022 Traktorfahrt ins Haaloch

Bei herrlichstem Sommerwetter begaben sich die Mitglieder des Vereins Eschbacher Ortsgeschichte Anfang Juni auf Entdeckungstour in den Eschbacher Wald. Zwei Traktoren der Eschbacher Traktorfreunde samt Anhänger und Planwagen, gesteuert von Wolfgang Hoppe und Andreas Bender, fuhren die Teilnehmer durch die Eschbacher Distrikte. Gemeinsam mit Förster Karl-Matthias Groß waren alle auf der Suche nach dem »Haaloch«.

Förster Karl-Matthias Groß begrüßte die Teilnehmer mit seinem Jagdhorn. Der Weg führte dann an vielen Kahlflächen vorbei. Deshalb erklärte Förster Groß unterwegs einiges über die Waldbewirtschaftung nach Zerstörung der Waldgebiete durch Borkenkäfer und Sturm sowie über die geplante Aufforstung. Von historischer Begebenheiten über Baumaussaat und –bepflanzung in früheren Zeiten, als eine Waldarbeiterin nur 1,20 Mark am Tag verdiente, wusste Förster Groß ebenfalls zu berichten.

Gemeinsam fuhr man einem Höhenweg im Distrikt Schmidtsheck entlang. Auf einer Anhöhe mit schönem Ausblick Richtung Grävenwiesbach und den Taunus wurde angehalten. Nun waren alle am gesuchten Ziel angekommen. Hier erläuterte Vorsitzender Reiner Holl, dass man in der Senke unter uns ins »Haaloch« blickten. Dort gibt es bis heute noch eine gefasste Quelle. Diese Stelle hatten unsre Vorfahren ausgesucht, um mit ihren Tieren und ihrem Hab und Gut im 30-jährigen Krieg Zuflucht vor den marodierenden Soldaten zu finden, die Eschbach in Schutt und Asche gelegt hatten.

Nachdem ein Wanderer im noch verbliebenen Kirchlein in Eschbach eine Glocke geläutet hatte, kehrten sie wieder heim. Aus dieses Ereignis gründet sich das 10 Uhr Läuten in Eschbach.

Über die Herkunft des Wortes »Haaloch« wurde diskutiert. Man kam zu dem Schluss, dass dieser Platz, nicht weit von zwei Handelswegen gelegen, ein Rastplatz für das fahrende Volk gewesen sein müsste.

Weiter ging die Fahrt zu einem Jagdhaus in der Nähe. Dort war alles vorbereitet für einen kleinen Imbiss. Bei Speis und Trank, sowie den Klängen des Jagdhorns ließ man die formative und vergnügliche Waldfahrt ausklingen.

Vorbereitung
Der Ausflug beginnt
Förster Mathias Groß empfing die Teilnehmer mit seinem Jagdhorn und blies "Dem deutschen Jäger".
Vesper an der Jagdhütte und Heimfahrt
Auf der Heimfahrt wurde nochmals auf den schönen Tag angestoßen.
Rückblick Juli 2019

Bereits am Sonntag, den 07. Juli 2019 besichtigten Klaus Eberhardt (Vorsitzende der örtlichen Jagdgenossenschaft), gefolgt von seiner Jagdhündin Erni und Ronny Löw das Haaloch im Schmidtsheck. Wie in der Erzählung beschrieben, standen wir auf der Anhöhe und blickten hinunter auf das Haaloch.

Topographische Ansicht
Vom Hochstand hatten wir einen weiten Blick über das Haaloch hinaus in den Taunus.
Das Haaloch und das 10 Uhr Läuten. Überlieferung von W. Becker 3.

1618-1648. Das „Heuloch“ oder „Haaloch“ und das Vormittagsläuten.

Die Schrecken des 30-jährigen Krieges kam auch in unsre Gegend. Gar manches Dorf wurde arg verwüstet und viele dem Erdboden gleichgemacht. Durch die Gemarkung Eschbachs führten in jener Zeit zwei Straßen, die sogenannte „Wellerstrasse” und später die sogenannte “Alte Kaiserstraße” und „Rodheimer Weg“, letztere auch eine sehr alte Heeresstrasse. Es ist selbstverständlich, dass in Kriegszeiten die feindlichen Heeresmassen gerade durch diese Heeresstrassen in unsre Gegend geführt wurden. Eschbach wurde daher im 30-jährigen Kriege arg verwüstet, nur das kleine Kirchlein blieb unversehrt. Die Bewohner flüchteten bei den herannahen der plünderten und raubenden Soldatenhorden in den Wald. Es wird uns hierzu überliefert, dass man den Hirten auf der Weide plötzlich überfiel, ihn knebelte, die Frau entehrte und das Vieh mitnahm.

Daher suchte man dann später in Kriegsnoten immer das Vieh in Sicherheit zu bringen. In der Schmiedsheck, angrenzend an der Rotweil, ist eine kesselartige Senkung im Gebirge. Durch eine Quelle mangelt es nicht an Wasser. In nächster Nähe von einem hohen Berg konnte man die Gegend übersehen und beobachten. Hier war der Zufluchtsort der Eschbacher mit ihrem Vieh und ihren Habseligkeiten, bis der Feind abgezogen war. Im Volksmunde trägt diese Stelle den Namen „Heuloch” mundartlich „Haa(re)loçh”. Man meint damit also die Stätte in der schon die Haare, (Heiden) in Notzeiten Zuflucht suchten.

Solche „Fliehburgen hat es natürlich auch an andere Orten der Gegend gegeben. Als endlich die Gegend von feindlichen Herden verlassen, läutete der Wächter zum Zeichen und die Bewohner kehrten zurück ins Dorf. Zum Dank gegen den Herrgott läutete man jeden Tag um 10 Uhr morgens. Eng verbunden mit diesem Brauch des 10 Uhr Läutens ist die Sitte des Vaterunser Gebets. Warf man früher, noch in meiner Schulzeit, einen Blick um diese Zeit, auf das Feld, so sah man ein erhobenes Bild. Sobald um Zehn Uhr die Glocke läutete, ruhte alle Arbeit auf dem Feld. Andächtig nahm der Bauersmann die Mütze ab und betete ein stilles Vaterunser. Heute ist die Sitte nicht mehr so auffällig doch im stillen betet man doch ein Vaterunser.
So zieht wie ein heller Silberstreifen durch das harrte Bauernleben der alte Hausinspruch:

„Bete und arbeite“.

So überlieferte uns der Eschbacher Chronist Wilhelm Becker 3., den geschichtlichen Hintergrund für das „Zehnuhr-Läuten“, wie es auch das folgende Gedicht von Heinrich Strack beschreibt:

 (Eine Sage aus dem Usgau)

In Eschbach schallt das Läuten des Glöckleins jeden Tag,
am Morgen hoch vom Turm beim zehnten Glockenschlag. 

Hört, wie die Sage verkündet, und wie der Brauch entstand:
Als einst die Kriegesfackel geschleudert war ins Land,
als Nassaus schöne Gauen – wer hätte es nicht gehört?
– im dreißigjährigen Kriege verwüstet und zerstört,
zerstampft von Rosseshufen es lagen Feld und Flur,
noch lodern die Flammen aus Trümmerhaufen nur.

Die beutegierigen Rotten, das Herz im Krieg versteint,
sie kannten kein Erbarmen, ob Freund oder Feind.
Da gab es kein länger Säumen, sie zogen alle aus,
die Dörfler und die Städter, sie verließen Hof und Haus.
Auch Eschbach stand verlassen bis auf  den letzten Mann,
ein jeder rasch und eilig auf eigne Rettung sann.

Doch als des Kriegesflammen erloschen mit der Zeit,
da zog ein stiller Wanderer her aus der Ferne weit;
Nach Eschbach seine Schritte er lenkte müd’ und matt,
für seine Rettung dankend, das Kirchlein er betrat.

Die Glocke ließ er tönen früh um die zehnte Stund:
„Hier regt sich wieder Leben, die Glocke tut es euch kund!“
So hielt er es täglich, bis zum verlassenen Herd,
das heimatlose Häufchen allmählich wiederkehrt.-

Darum läutet man in Eschbach bis auf den heutigen Tag,
seit jener Zeit am Morgen beim zehnten Glockenschlag.