10.08.2019 – Ortsbegehung

Am 10. August 2019 veranstalteter unser Verein Eschbacher Ortsgeschichte wieder eine Ortsbegehung. Um anschließen die Besucher mit Kaffee und Kuchen zu bewirten, haben Ortwin, Denise, Ronny, Marion und Reiner Tische und Bänke für ca. 50 Personen im Hof von Margot Becker aufgestellt.

Um 13:00 Uhr ging der Gang durch Eschbach los und endete um 15:00 Uhr wieder bei Margot in der Bachstraße.

„Da kam die Milch aus der Wand“
Dorfrundgang mit dem Verein Eschbacher Ortsgeschichte / Rund 80 Gäste lauschen den Ausführungen von Margot Becker und Reiner Holl.

 

ESCHBACH. Die alten Eschbacher Haus- und Hofnamen und mehr noch die Geschichten, die sich um die Menschen ranken, die einst in diesen Häusern lebten, finden immer wieder das Interesse der heutigen Generationen. Rund 80 Bürger, naturgemäß vor allem aktuelle und ehemalige Eschbacher Einwohner, folgten am Samstagmittag der Einladung des Vereins Eschbacher Ortsgeschichte zu einem Rundgang durch das Dorf. Margot Becker und Reiner Holl führten die große Gruppe durch den alten Ortskern und erläuterten dabei, wer dort einst wohnte, wie die Bewohner genannt wurden und wie die Straßen einst hießen. Zuerst kam man am „Äälchen“ vorbei, einem schmalen, verwilderten Pfad, der von der Bachstraße aus zwischen zwei Häusern hindurch in Richtung Feld abzweigt und das Interesse der Neubürger auf sich zog. Befragt, was es damit auf sich hat, erläuterte Becker: „Das ist ein öffentlicher Weg, den die Stadt pflegt – das sieht man doch“. In lockerem Plauderton ging die Führung weiter. Vorbei an „Gustavchens ehemaliger Kfz-Werkstatt“ und dem alten Försterhaus, erreichte man die Straße „Am Müllergarten“, die, wie eine Eschbacher Seniorin noch wusste, früher aufgrund ihrer Anwohner zeitweise „August-Adolf-Wilhelm-Bienenstraße“ hieß. Bienen lebten in den Häusern zwar eher weniger, dafür aber eine Frau namens Jakobine. In einem der Häuser, genauer gesagt im Hausflur desselben, befand sich einst ein Lebensmittelgeschäft, an das sich einige ältere Eschbacher noch erinnern konnten. Als Kinder hatten sie dort eingekauft. „Die Kühlware befand sich im Keller“, wussten sie noch genau. Johanna, die Inhaberin, war zwar meist zuhause, hatte aber anscheinend häufig keine Zeit für ihre Kunden, daher herrschte mitunter Selbstbedienung. An der Eichelgasse angekommen, erreichte die Gruppe den Schauplatz der ehemaligen Eschbacher Eisbahn. Dort war früher der Bach gestaut worden und jeden Winter bildete sich eine schöne Eisfläche. Kinder und Jugendliche schnallten sich Schlittschuhe an die Schuhe und los ging das Vergnügen. „Das Schlittschuhlaufen dort war zwar eigentlich verboten, aber es hat niemand gehindert“, erklärte Margot Becker. Unter der Bachstraße hindurch, fast bis an die Schule, verläuft der Eschbach in Rohren. Die unterirdische Strecke dürfte 250 bis 300 Meter betragen, und für die Buben im Dorf galt es einst als Mutprobe, durch die Rohre hindurch zu klettern. Samstags war gemeinhin der Badetag im Dorf. Gegenüber von Reiner Holl, der aus der Hohlstraße stammt, lebte eine elfköpfige Familie.

Die meisten waren Bauern

Genau hat Holl noch vor Augen, wie die Kinder damals, eines nach dem anderen im Hof in eine gefüllte Wanne stiegen, ohne dass das Wasser zwischendurch gewechselt worden wäre. Wenn er sich in die Nähe wagte, blieb auch er nicht verschont. Ein paar Meter weiter lag ursprünglich der Hof von Wilhelm Becker 3. „Er war tagsüber Landwirt und abends hat er geschrieben, bis seine Frau ihn ermahnte, endlich ins Bett zu gehen, um am nächsten Tag ausgeschlafen zu sein. Vieles was wir heute über Eschbachs Vergangenheit wissen, stammt aus seiner Feder“, informierte Margot Becker. Reiner Holl schmückte ihre Ausführungen mit alten Fotos aus, die er herumzeigte.
In der Nähe sei das sogenannte Engländer-Häuschen gewesen. „Anfang der 1920er Jahre wanderten viele Leute nach England aus, um Arbeit zu finden“, so Becker. Später seien sie zurückgekommen und hätten in dem Häuschen gewohnt. Auch habe es in der Zeit danach Menschen, die Obdach suchten, als Heimstatt gedient. Die meisten Eschbacher früher waren Bauern und nebenbei oft noch Handwerker, oder sie führten ein kleines Geschäft, vom Lebensmittelladen bis zum Kohlehandel. Es gab mehrere Schneider und Bäcker. Letztere teilten sich die Straßenzüge, für die sie Brot backten, untereinander auf. Eine frühe Sensation bot der Vivo-Laden in der Hohlstraße. „Da kam die Milch aus der Wand“, berichtete Hans-Peter Kuhnert. Tatsächlich gab es dort eine Pumpe. Mit der Milchkanne holten sich die Eschbacher die frische Milch nach Hause. Manchmal habe das Gefäß auch dazu gedient, um im Gasthaus „Zum deutschen Haus“ Bier oder Wurstsuppe zu holen. Diese und viele weitere Geschichten, etwa von der resoluten Sparkassenangestellten Erika Maurer in der  Hohl, die nur denen Geld auszahlte, die sich an ihre Ratschläge hielten, oder von Frieda Neumann, die die besten Kuchen im Dorf backen konnte und mit etwa 90 Jahren in der Backstube vom Tode ereilt wurde, machten den Dorfrundgang zu einem kurzweiligen Ereignis. In einigen Monaten soll ein weiterer Abschnitt des Dorfes erkundet werden. Beim abschließenden Kaffeetrinken im Hof von Margot Becker kündigte Reiner Holl an, dass der Ortsgeschichte-Verein bereits im Oktober die nächsten Veranstaltungen plant. Zum einen ist dann die Mundartgruppe „Bousseldande“ zu Gast und zum anderen wird ein „Dickwurzlauf“ mit den Grundschulkindern stattfinden. Bildmaterial und Infos über Eschbach und zum Verein findet man auch unter www.verein-eschbacher-ortsgeschichte.de.

(Abschrift aus Usinger Anzeiger, Donnerstag, 15. August 2019)